Am vergangenen Donnerstag hat die Aufsichtskommission für Bildung und Gesundheit ABG ihren einstimmig verabschiedeten Bericht über die Untersuchung zu besonderen Vorkommnissen an mehreren Kliniken des Universitätsspitals Zürich (USZ) der Öffentlichkeit vorgestellt. Im Bericht werden die Vorkommnisse umfassend aufgearbeitet, differenziert dargestellt und sachlich kommentiert. Wir danken der ABG für diese sorgfältig und fundierte Aufarbeitung der komplexen Situation. Wir danken auch den Medien, die solche Vorkommnisse öffentlich machen und kritisch begleiten. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag, dass Missstände erkannt, benannt und beseitigt werden.
Wir sind aber auch froh, dass die ABG in ihrem Bericht klarstellt, dass die überwältigende Mehrheit der gut 10'000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am USZ hervorragende Arbeit leisten. Ihnen möchten wir an dieser Stelle ausdrücklich unseren Dank aussprechen. Würde das USZ tatsächlich an multiplem Organversagen leiden, hätte es den Sprung auf Platz 18 der laut «Newsweek» weltbesten Kliniken nicht geschafft.
Dennoch hat der Bericht schonungslos gezeigt, dass beim USZ und an der Schnittstelle zwischen Universitätspital und Universität einiges im Argen liegt und umfassende und tiefgreifende Reformen dringend notwendig sind. Die ABG macht deutlich, wo Handlungsbedarf besteht und adressiert mit ihren Empfehlungen die Verantwortlichen klar. Sie spart auch nicht mit Selbstkritik und zeigt unmissverständlich, dass auch der Kantonsrat seine Aufgaben unzureichend wahrgenommen hat.
Diese selbstkritische Haltung hätten sich die Fraktionen von SVP/EDU, SP, FDP, GLP und Grüne auch von den Medien aus dem Hause Tamedia gewünscht. Zwar haben diese mit der Veröffentlichung von Missständen unbestrittenermassen wichtige Aufklärungsarbeit geleistet. Mehr und mehr aber hat die personalisierte, zunehmend einseitige und an Rufmord grenzende Berichterstattung irritiert. Ebenso befremdend ist, dass der Tagesanzeiger der sachlichen und fundierten Darlegung der wichtigen Erkenntnisse und Empfehlungen des Untersuchungsberichts deutlich weniger Platz einräumt als der Verteidigung eigener Thesen. Unter Qualitätsjournalismus stellen wir uns etwas Anderes vor.
Statt zu hinterfragen, ob man sich im Machtkampf zwischen verschiedenen Herzspezialisten nicht einseitig zum Sprachrohr des sogenannten Whistleblowers instrumentalisieren liess, schiesst der Tages-Anzeiger lieber auf die Arbeit der ABG. So wirft er der Aufsichtskommission in der Freitagsausgabe vor, den Namen des Whistleblowers öffentlich gemacht zu haben. Hat der Tages-Anzeiger tatsächlich nicht realisiert, dass der sogenannte Whistleblower sich im Schweizer Fernsehen leicht erkennbar selber präsentiert hat und sein Name mehrfach in mindestens drei verschiedenen national bekannten Medien genannt worden ist?
Am Samstag hält der TA dann in einem weiteren gross aufgemachten Artikel krampfhaft am Narrativ «unbescholtener David gegen Goliath» fest.
Dieser Fall zeigt leider, dass sich Journalistinnen und Journalisten auch sitzend verrennen können. Wer im Tamedia-Glaushaus sitzt, sollte aber nicht mit Steinen werfen, sondern sich ernsthaft fragen, ob er in diesem Fall die journalistischen Sorgfaltspflichten wirklich gegenüber allen Protagonisten und Institutionen redlich und sorgfältig wahrgenommen hat.
Wir möchten darum den 75 Empfehlungen der ABG noch eine weitere dringende Empfehlung hinzufügen: Lesen Sie die Erklärung des Schweizer Presserats zu den Pflichten von Journalistinnen und Journalisten und nehmen Sie diese ernst!